Auf der Suche nach etwas Feierlichem

Verkümmert die Liturgie in den Gottesdiensten?

Bevern. "Nein, nein", winkt Pastor Heino Masemann ab, "wir wollen mit dem 08/16-Gottesdienst keinen Ersatz für den üblichen Sonntagsgottesdienst schaffen." Dieser Gottesdienst ergänze lediglich das Bestehende. Und das mit Erfolg. Beim dritten 08/16-Gottesdienst füllten nicht nur Gemeindeglieder aus Bevern die heimische Kirche. Selbst aus Elm reiste eine Gruppe Konfirmanden an. Oder Anne Lotte Moenck (64) sagte zu Beginn: "Ich möchte heute etwas Feierliches erleben." Leider sei in der evangelischen Kirche der liturgische Teil in den Gottesdiensten zu sehr verkümmert. Am Ende von 08/16 meinte sie nur noch: "Herzerfrischend."

Lila und rote Kreppapierstreifen hängen von der Kanzel. Die Eingangspfeiler schmückt grüner und blauer Tüll. Kerzen brennen. Die Lampen spenden warmes Licht, wie sie es nur abends können. Ein Moderator begrüßt die 180 Gäste, führt durch den Gottesdienst, macht dann und wann einen kleinen Scherz. Gitarrengewitter fliegen durch die Kirche, dazu singt die Gemeinde. Im Impulsteil kommen flotte Sprüche, witzige und nachdenkliche Fragen. "Wem gehört mein Herz, meinem Mann oder Gott?" - "Ist mein Auto auch ein Geschenk Gottes?" - "Zuerst habe ich Liedertexte über Gott und die Welt geschrieben. Aber wenn man erfolgreich sein will, kommt man damit nicht weit." Die Impulse sollten die Gedanken der Zuhörer beflügeln, heißt es. Aus Rhade ist Kirchenvorsteher Andreas Meyer gekommen. Er hat seinen Pastor mitgebracht oder der ihn. "Wir wollen in Rhade so etwas Ähnliches auch machen und suchen nach Gestaltungsmöglichkeiten", erklärt Meyer. Die Zeit scheint jedenfalls reif zu sein für neue Gottesdienstformen. Warum sollten sonst Besucher aus entfernten Dörfern am Sonntagabend eine Fahrt nach Bevern unternehmen? "Wobei dieser monatliche Gottesdienst bei uns gut eingeschlagen hat", versichert Ruth Busch. Abends mache das einfach mehr Spaß, denkt Gabi Krüger (15). Oder abends sei das einfach schöner, so Nina Morgenroth (13). "Das fand ich super, weil abwechslungsreich", sagt Dieter Bloch (34). Seinetwegen hätte man ruhig noch mehr singen und klatschen können.

Ein Team bereitet 08/16 vor und gestaltet aktiv den Ablauf des Gottesdienstes. Ausgenommen die Predigt, schmücken die Mitarbeiter die Kirche, suchen die Lieder aus, übernehmen die Gebete oder formulieren die Impulse. "Ich habe mich entschlossen, etwas in der Kirche zu verändern und will mich nicht nur beklagen, sondern auch etwas tun." Mit diesen Worten begründet Kathy Sylvester (22) ihre Mitarbeit. Eben nicht 08/15.

(Evangelische Zeitung, 14.11.93)


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